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Rezension: Joe Haldeman - Der Ewige Krieg

Joe Haldeman - Der Ewige Krieg

 

Erst einmal herzlichen Glückwunsch: Das Buch ist stolze 50 Jahre alt.

So liest es sich nicht, es ist durch seinen trockenen, zynischen Tonfall erstaunlich modern zu lesen und was Haldeman an soziologischen Welten postuliert ist streckenweise brandaktuell.

 

"The Forever War" ist vordergründig ein knallharter Military-SF-Roman und wirkt wie ein Bruder des aus ähnlicher Zeit stammenden Romans "Starship Troopers" von Robert A. Heinlein.

Aber schnell wird klar, dass Haldeman nicht danach strebt Krieg und Soldatenhandwerk zu glorifizieren.

Sein Protagonist William Mandella, zwangsverpflichtet und immer wieder um seinen verdienten Ruhestand betrogen, hinterfragt schon früh den Sinn seines Tuns und den Unsinn eines Krieges an sich. Das gelingt Haldeman absolut überzeugend und der Leser stellt sich fast zwangsläufig hinter den Prota und teilt seinen Widerwillen. Das allein macht das Buch schon lesenswert.

Mandella wird in eine Handvoll Einsätze geschickt. Wir begleiten seinen Weg vom einfachen Fußsoldaten zum kommandierenden Offizier und auch die Episoden zwischen den Kämpfen, in denen Mandella einen Hauch Zivilleben erfährt. Und hier spielt der Stoff seine nächste Stärke aus: Bedingt durch Zeitdilatation dauert für Mandella seine Militärzeit nur wenige Jahre, doch auf der Erde vergehen Jahrhunderte. Joe Haldeman nimmt das zum Anlass mit Konzepten zukünftiger Gesellschaften zu experimentieren. Bedingt durch Überbevölkerung und Hungersnöte wird Geld abgeschafft, gezahlt und entlohnt wird in Kalorien. Heterosexualität gilt irgendwann als abnorm, seitdem Nachwuchs nur noch kontrolliert in Brütern erzeigt wird und Homosexualität die Regel ist. Zu einem Zeitpunkt werden heterosexuelle Handlungen gar unter Strafe gestellt, aber auch hier lernt die menschliche Gesellschaft dazu und das bleibt eine Episode der Historie. Letztlich wird Mandella ob seiner Heterosexualität belächelt, aber toleriert. Er selbst ist bemüht, mit den Wandlungen der Zeit klar zu kommen und erinnert dabei an den hilflosen „alten, weißen Mann", den einige Genoss*innen aus der heutigen LGBTQ+-Gemeinde kurzsichtig zum Feindbild erkoren haben.

Ich erinnere noch einmal: Das Buch ist heuer 50 (!!!) Jahre alt!

 

Haldeman, selbst schwer verwundeter Vietnamveteran, schreibt actiongeladene, technisch-physikalisch anspruchsvolle Science Fiction, mit einer überaus menschlichen Ebene. Das gelingt ihm grandios. Das zeigen auch die Preise, die dieses Buch eingeheimst hat. Darunter finden sich ausnahmslos alle „Oscars“ der anglo-amerikanischen Science Fiction Community: Hugo-, Locus- und Nebula-Award. Dabei war das Buch in den Siebzigern durchaus kontrovers diskutiert und seiner Zeit so weit voraus, das es fraglos heute noch relevant ist.

 

Mich hat der Stoff voll gecatcht.

Ein Page-Turner, den ich in meine persönliche Reihe der All-Time-Favorites aufgenommen habe. 

 

(Bild: Heyne Verlag)